Samstag, 15. September 2012

Sind wir die Wegwerf-Generation?

 
Was werden die Menschen in ein paar Jahrzehnten über uns denken, welches Urteil werden sie über unsere Generation fällen.
Die 1960er waren bestimmt von Freiheitsgedanken in jeglicher Hinsicht und dem Bemühen um Frieden kurzgefasst Flower Power, Peace and Happiness. Die 90er Jahre waren politisch brisant und geprägt vom Gedanken der Wiedervereinigung und Musik wie Techno und Pop.

Tja und die 2010er? Der Beginn eines neuen Jahrtausends sollte sinngemäß für etwas Neues stehen, wenn wir an unseren Kunst- und Literaturunterricht denken, dann erinnern wir uns, dass die vergangenen Jahrhundertwenden auch immer in den Künsten für einen Umbruch standen.
Dennoch habe ich die berechtigte Befürchtung, dass unsere Generation im Gedächtnis der Menschen, als die Wegwerf- oder die Übersättigte Generation endet. Wir leben im Überfluss und konsumieren vielmehr als es die Menschen noch vor 10-20 Jahren taten, wir kaufen um des Kaufen wollen und wissen oft am Ende nichts damit anzufangen. Es wird gerade im Lebensmittelbereich immer weniger Wert auf Qualität gelegt. Wenn etwas kaputt geht oder einen Makel aufweist wollen wir es umtauschen, gegen etwas neues Unversehrtes oder wie so oft landet das Produkt im Müll.

Wir sind eine Wegwerf Gesellschaft, ohne uns viel Gedanken darüber zu machen, welche Folgen unweigerlich dieses Verhalten nach sich zieht und in welche anderen Lebensbereich es weiter um sich greift. Denn auch die Art und Weise Beziehungen zu führen und zu halten, hat sich stark verändert und nicht unbedingt zum Positiven. Die Erwartungen an unseren Lebenspartner steigen immer weiter und selbst ausgefuchste Internetportale, die den ideal passenden Traumpartner versprechen haben immer mehr Schwierigkeiten ihn zu finden. Wir wollen keine Frösche mehr küssen, um herauszufinden ob er sich eventuell als unser Märchenprinz entpuppt, wir wollen ihn sofort ohne Umwege und so schnell wie es ein Mausklick erlaubt. Die Liebe wird zu einem Konsumgut, das sich gewinnbringend vermarkten lässt. Auf der Suche nach der Liebe unseres Lebens können gerade wir Frauen uns von sämtlichen Ratgeberzeitschriften, Modemagazinen, Literatur, Filmen und Co beraten und beeinflussen lassen. Wir sind bereit beinah alles zu tun um den Partner fürs Leben zu finden (Fitnessstudio, Typberatung, Bikini Waxing, Sport und andere Schikanen auf uns zu nehmen).  Es wird die Illusion vermittelt, dass wenn man versucht in jeder Hinsicht perfekt zu werden, sei es super schlank, super schön, super schlau und auch noch super witzig, ,man sich auf diese Art und Weise Liebe verdienen kann. Ist die Liebe mittlerweile ein Preis, den es zu gewinnen gilt? Nach dem Motto egal was passiert ich möchte nicht einsam, alleine und jungfräulich sterben.


Auf der anderen Seite erstaunt es mich immer mehr wie viele Menschen bereit sind aus dem Projekt Beziehung, bei den kleinsten Schwierigkeit auszusteigen und sich lieber wieder auf das sich ewig drehende Single-Karussell begeben. Das Haltbarkeitsdatum von Beziehungen scheint sich immer mehr dem von Milchprodukten anzunähern. Woran liegt es, dass sich die Scheidungsrate im Vergleich zu früher verdoppelt hat, mit steigender Tendenz. Ist in der zunehmenden Individualisierung und Emanzipation der Grund zu finden? Oder ist die Antwort unserer Konsumverhalten, dass wir mittlerweile fehlerhafte Partner wie technische Geräte einfach weg werfen oder sie gegen jemand neuen umtauschen.

Die Liebe scheint nicht gut in der Kosten-Nutzen-Kalkulation des Lebens weg zukommen, da die wenigsten bereit Mühe und Zeit zu investieren,  um zu versuchen Fehler zu beheben und die Beziehung zu reparieren oder sich gegebenenfalls mit den Macke des anderen zu arrangieren.
Aber was ist mit der Idee den anderen um seiner selbst willen zu lieben. Ist das nicht einer der wesentlichen Aspekte, die eine Liebe dauerhaft haltbar machen und das vielleicht sogar bis das der Tod sie scheide. Was zählt heute eigentlich noch ein Eheversprechen? Oder sind die Möglichkeiten sich daraus zu befreien schon fast alltäglich geworden? Sind (Lebens)-Partner mittlerweile Massenware geworden, sodass auf gute Qualität sprich auf wirkliche Kompatibilität zweier Menschen weniger wert gelegt wird. In diesem Fall ist es nicht verwunderlich, dass dann auch nicht die Liebe stark genug sein kann um diese beiden Personen dauerhaft aneinander zu binden. Sind wir vor lauter Selbstverwirklichungsdrang und Unabhängigkeitsgefühl überhaupt noch bereit die Wünsche und Bedürfnisse eines anderen über die eigenen zu stellen? Oder es heißt es nur noch, erst komme ich und dann lange gar nichts? Ich glaube auf unserer verzweifelten Suche nach der Liebe unseres Lebens, gehen wir so viele Affären, Beziehungen und andere zwischenmenschliche Experimente ein, dass die Liebe unweigerlich auf der Strecke bleibt, wie liegengelassener Müll am Wegrand. Dieser landet dann irgendwann auf dem Beziehungsmüllhaufen, der sich nur selten recyceln lässt sondern verbrannt werden muss.

Es gibt kein Patentrezept für die Liebe und für Beziehungen schon gar nicht und ich halte mich mit wohlgemeinten Ratschlägen ebenfalls zurück. Ich möchte euch nur ein bisschen zum Nachdenken anregen, ob es nicht angebracht wäre bevor wir etwas wegschmeißen genauer hinzusehen und zu schauen ob sich vielleicht nicht doch etwas retten lässt.

Was meint ihr dazu? Eure Meinung, kritische Anmerkungen und ähnliches interessieren mich sehr.

4 Kommentare:

  1. Ich glaube, die heutige Leistungsgesellschaft hat ihre Gnaden- und Kompromisslosigkeit auch auf die Liebe ausgeweitet. Alle wollen nur noch Perfektion und nicht weniger, aber die gibt es nicht. Es entsteht ein Leistungsdruck - nicht nur dem Partner, sondern auch sich selbst gegenüber, wie du es in deinem Eintrag schon schreibst.

    Aber auch die Auswahlmöglichkeit ist heute eine viel größere als früher. Man kann mit einem Mausklick Menschen scheinbar kennenlernen und so schnell so viel über sie erfahren, ohne wirklich ihren Charakter zu entdecken. Daraus wird dann oft entschieden: "Passt sie/er zu mir?"

    Und wenn man sich dann kennenlernt, geht es nicht um ein schönes Date, sondern eher darum, ob man der anderen Person gefallen hat ("Hab ich alles richtig gemacht?") und ob auch sie überzeugen konnte - so kommt es mir jedenfalls vor.

    Der Leistungsdruck muss weg. Es muss einfach alles viel entspannter und natürlicher ablaufen.

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  2. Da denk ich genauso wie du...jeden Tag wenn ich rausgehe könnt ich mir echt nur noch an den Kopf greifen. Dann denk ich mir immer 'wo bin ich hier nur gelandet und kann es noch schlimmer werden?' und es wird schlimmer...manchmal denk ich mir ja auch, dass das Fernsehen absichtlich so konzipiert ist, dass dumme Menschen einfach noch dümmer werden. Überall Beeinflussung und niveauloses Programm. Hab mal wo gelesen, dass Fernsehen dumme Menschen dümmer macht und schlaue Menschen schlauer. Macht mich echt traurig wenn ich sehe wie kaputt unsere Welt und die Menschen schon sind. Im Grunde genommen kommen mir viele schon richtig 'tot' vor..weiß nicht wie ich das beschreiben soll..

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  3. hab diesen eintrag grade zufällig gefunden.
    er ist sehr gut geschrieben und ich kann nichts anderes sagen, als dass es mich traurig macht.

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  4. Ja, Du hast mit Deiner Analyse völlig Recht. Es scheint so zu sein, dass wir das eigene Glück über dass des anderen stellen. Und zwar schon, wenn wir etwas im Gegenzug für unsere Liebe "erwarten".
    Dabei ist es doch dass größte Geschenk, dass einem zuteil werden kann, wenn man SPÜRT, dass man geliebt wird.
    Mag sein, dass einem Kind heutzutage vor allem beigebracht wird, dass es Leistung liefern muss und dass es für eine Leistung eine Gegenleistung fordern kann. Aber ich finde, dass es sich lohnt, darauf zu setzen, den Partner zu rückhaltlos zu lieben und zu sehen, was er braucht, was ihn fördert. Wenn er mich auch liebt, wird er das auch für mich tun.
    Das klingt romantisierend? Weltfremd? Gut, dann habe ich eventuell die letzten 20 Jahre in einer eigenen kleinen Welt gelebt mir meiner Frau. Aber dennoch mitten unter Euch. Nur Mut: Miteinander reden, Visionen haben, das Leben teilen und gemeinsam auskosten. Geht doch...

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