Sonntag, 29. April 2012

Schreibwerkstatt

Sex and the City, Staffel 6, Folge 19 (Eine Amerikanerin in Paris (Part Une))


Happy endings gone forever more


Auf einmal bist du da. Es verschlägt mir wieder den Atem, es fühlt sich genauso an wie beim ersten Mal als ich dich sah. Du überwältigst mich mit deiner Präsenz. Du erfüllst den ganzen Raum. Ich kann nur dich sehen. Meine Sinne sind überwältigt.  Ich will zu dir gehen, dich berühren damit ich mir sicher sein kann, dass du real bist, dass das nicht einer meiner Träume ist.
"Hey, alles klar bei dir“, reißt mich die besorgte Stimme einer Freundin aus meinen Gedanken: „du siehst aus, als hättest du ein Gespenst gesehen". „Ich bin mir nicht sicher" flüstere ich und fange mich im nächsten Augenblick wieder, "alles in Ordnung, die Luft hier drinnen ist nur furchtbar. Ich glaube, ich mal schnell auf die Toilette. Ich bin gleich wieder da. "Soll ich mitkommen?“ „Nein danken das ist lieb, es ist wirklich alles in bester Ordnung“.
Mein Herz klopft wie verrückt, ich habe das Gefühl es zerspringt gleich. Er ist es, da bin ich mir ganz sicher. Mein Atem geht schwer, mir ist furchtbar heiß. Ich lehne meinen Kopf gegen die kühlen Kacheln, der Toilette. Was macht er nur hier? Ich hatte mich immer in Sicherheit gewiegt, da er einige hundert Kilometer entfernt wohnt. Das hier ist mein Revier, ich lebe hier. Er kann nicht einfach kommen und mich einfach so vollkommen aus der Bahn werfen. Ich stützte meine Hände auf das Waschbecken. Mir zittern die Knie und es überkommt mich ein Gefühl der Ohnmacht. Wie kann es sein, dass er immer noch so eine Wirkung auf mich hat. Er ist da, ich sehe ihn und kippe förmlich aus den Schuhen. Ein Gefühl von Ärger keimt in mir auf, ich will das nicht, ich habe mit ihm abgeschlossen schon lange. Er hat sich gegen mich und für sie entschieden. Ich habe das Spiel lange genug mitgespielt. Ich will frei von ihm sein. Dennoch tauchen Erinnerungsfetzen vor meinen Augen auf, kleine Flashbacks, die mich zwei Jahre zurück versetzten, in eine Zeit in der ich zu der gehört habe. Seine Lippen auf meinem Hals , sein Lachen, sein verstrubbeltes Haar am nächsten Morgen, das Gefühl in seinen Armen zu liegen und sich sicher zu fühlen, das Gefühl von vollkommener Glückseligkeit. Ich schließe die Augen und bemühe mich krampfhaft diese Erinnerungen wieder dorthin zu verbannen, wo sie hin gehören in die Vergangenheit hinter Schloss und Riegel.

Ein Blick in den Spiegel, ich sehe blass aus und angestrengt. Meine Verletzlichkeit ist mir förmlich anzusehen. Ich möchte nicht, dass irgendjemand sieht wie es mir wirklich geht, was in mir vorgeht, am wenigsten er. Ich atme tief durch. Reiß dich zusammen, und spreche innerlich mein Mantra: es ist alles schon Jahre her, du bist über ihn hinweg, er gehört der Vergangenheit an. Ich glaube nicht mehr wirklich daran, es sind nur leere Worte. Aber was soll ich tun das Leben geht weiter.
Ich greife nach meiner Handtasche, aber sie entgleitet meinen Händen, mein gesamter Tascheninhalt verteilt sich auf dem Boden. „So ein elender Mist, so eine verdammte Scheiße“, rufe ich lauthals, während ich mein Hab und Gut vom Boden aufhebe. Meine Hand zittert, als ich alles einpacke, mein Puder ist nicht mehr zu retten, es ist zerbrochen, genauso wie er mein Herz zerbrach. Ich habe es in den vergangenen Monaten und Jahren mühsam wieder zusammengesetzt Stück für Stück, aber die Narben tun immer noch weh, auch wenn es nur ein Phantomschmerz ist. Ich versuche von meinem Make-up und meiner Würde zu retten, was noch zu retten ist. Ich atme erneut tief durch und geh wieder hinaus.
"Da bist du ja, ich hab mir schon Sorgen gemacht. Lass uns etwas zu trinken holen, das wird dir gut tun“, empfängt mich meine Freundin. „Ja etwas hochprozentiges kann ich vertragen“, stimme ich ihr zu und hacke mich unter. Ich durchquere den Raum, ohne mich nach ihm umzusehen. Ich werde ihn so gut es geht ignorieren, beschließe ich, einfach so tun als wäre er Luft. Das ist leichter gesagt als getan, denn meine Angst bleibt. Sie sitzt mir förmlich im Nacken. Ich versuche mich in das Gespräch mit einigen Bekannten zu vertiefen, irgendwelcher oberflächlicher Smalltalk.  Darin war ich noch nie gut, aber heute scheint es unmöglich mich über irgendwelche Belanglosigkeiten auszutauschen.
Plötzlich läuft es mir eiskalt den Rücken herunter, meine Haut prickelt, mir wird heiß und kalt, ich kann seinen Blick in meinem Rücken spüren. Wie er mein Profil erfasst und in ihm die Erkenntnis reift, dass ich es bin. Ich kann nicht anders, als mich zu ihm drehen, wie ferngesteuert. Unserer Blicke treffen sich, ich sehe in seine Augen, in seine dunkelblauen Augen, die mir immer, wie der Grund des Meeres erschienen. Das Tor einer jeden Seele. Ich sehe Überraschung in seinem Gesicht. Für einen kurzen Augenblick bleiben unsere Blicke ineinander verfangen, ich wünschte sie würden sich nie wieder trennen. Doch dann ist der Moment vorbei, die Frau an seiner Seite berührt seinen Arm und versucht seine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Ich weiß wer sie ist, sie ist seine Freundin. Die Frau an seiner Seite.
Der aufkommende Schmerz schnürt mir die Luft ab, ich muss hier raus, sofort. "Entschuldigt mich bitte". Ich würde am liebsten rennen, weit weg rennen, weg von ihm und seiner Freundin und weg von meinem Schmerz. Aber ich beiße die Zähne zusammen, balle meine Hand zu einer Faust und versuche gesetzten Schrittes den Raum zu verlassen. Es erscheint alles unwirklich. Ich werde immer schneller, bis ich wirklich draußen bin. Die frische nächtliche Luft schlägt mir entgegen und umhüllt mich einen kühlen Mantel. Obwohl es kalt ist, tut es gut. Das Gefühl der Enge vergeht und ich kann befreiter atmen. Was ist nur mit mir los. Mein ganzer Organismus spielt verrückt und das Adrenalin fährt mir durch den Körper. Ich muss mich dringend beruhigen und versuchen wieder klar zu denken. Ich gehe einige Meter und setze mich dann auf einen Mauervorsprung. Es ist dunkel draußen, nur der Mond und einige Straßenlaternen spenden ein wenig Licht. Es niemand auf der Straße außer mir. Ich versuche krampfhaft meine Gedanken zu zu sammeln und mich auf etwas anderes zu konzentrieren.
Vom andern Ende der Straße sehe ich eine Silhouette auf mich zukommen. Er.Er steuert zielstrebig auf mich zu. „Hey" sagt er nur und zieht verlegen seine Mundwickel hoch.     „Darf ich mich setzen?“ Ich rücke wortlos ein Stück zur Seite. Danach Stille, Verlegenheit und Ratlosigkeit. Er dreht sich zu mir: „wir haben uns lange nicht gesehen. Wie geht es dir?". Gute Frage, nächste Frage, ich weiß es selbst nicht, aber ich antworte nur: „ach ganz gut, ich brauchte nur ein wenig frische Luft". „Ja , ich hab dich gesehen und dann bist du raus, und ich.. ich ...ach ich dachte ich sehe mal nach dir“.  „Danke das ist lieb, aber wie du siehst, es geht mir gut“, und versuche mich an einem Lächeln. „Wie lange bleibst du in der Stadt?" „Nur das Wochenende, ich wollte…ähm...ich wollte sie besuchen und dann geht es wieder zurück“. „Ah gut, schön“.  Wieder diese unerträgliche Stille, ein Gefühl von Schwere macht sich breit. Früher war einmal alles so leicht zwischen uns und nun weiß ich  nicht was ich ihm sagen soll, obwohl es doch so viel zu sagen gibt. Die Worte wollen mir nicht über die Lippen kommen. Warum auch, es ist vorbei, es ist schon lange vorbei. Er sucht meinen Blick und schaut mir in die Augen, das was ich in ihnen sehe, will ich lieber nicht sehen. Ich sehe Besorgnis und Zuneigung. Ich will kein Mitleid, nicht von ihm. „Ok danke, dass du nach mir gesehen hast, aber mir geht es gut. Wirklich gut. Ich brauch keine Hilfe. Ich werde jetzt gehen. Du solltest auch wieder hineingehen zu deiner Freundin". Es bleibt mir nur ihn wegzustoßen, ganz weit weg. Ich will mir keine Hoffnungen mehr machen und seine Taten versuchen zu entschlüsseln und Vermutungen anzustellen. Ich muss mich mit den Tatsachen abfinden. Tatsache ist, dass er vergeben ist. Wir hatten unsere Chance und sie ist vergangen. "Ok dann werde ich wieder gehen. Mach es gut“. Er zögert, als wollte er noch etwas sagen. Ich berühre mit einer Hand seine Wange, und stelle mich auf die Zehenspitze um ihn auf die Wange zu küssen. Ein letztes Lebwohl. So klischeehaft. Wie aus einer schlechten Hollywood-Romanze. Ich wünschte es wäre eine, dann wäre das jetzt nicht das Ende.
Es ist nicht einfach den richtigen Augenblick für den Abschied zu finden. Ich musste ihn loslassen. Mich von ihm befreien, deswegen habe ich mich nicht mehr umgesehen. Ich lief davon. Es war nur noch das Geräusch meiner Absätze auf dem Asphalt zu vernehmen. Ich habe mich nicht mehr umgesehen. Ich habe nie wieder zurück geblickt.

4 Kommentare:

  1. Hey,
    ich hab mich mal ein bisschen durch deinen Blog gelesen, du schreibst wirklich schön :)
    Und ich mag deinen Header total :)

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  2. Ich habe ganz vergessen, etwas zu deinem Beitrag zu schreiben.
    Ich habe beim Lesen richtig mitgefühlt. Deine Worte berühren einen.
    Und wann ist schon der richtige Zeitpunkt für einen Abschied? Vor allem für einen Abschied, den man selbst schon lange vor sich herschiebt weil man ihn nicht wahrhaben will, von dem man aber weiß, dass er unausweichlich ist?

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  3. Vielen Dank für deinen Kommentar. Ich hätte am liebsten vor Freude einen Luftsprung gemacht :-)

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  4. hey! danke für deinen besuch auf meinem blog. dein text ist wirklich gut geschrieben. es wäre schön, wenn man etwas mehr über dich erfahren würde. mich interessiert wer hinter dem geschriebenen steckt ;-)

    lg
    summer von schlüsselreiz

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